Die Synthese von Strategie, Vision und Mission
Die Geschwindigkeit der Veränderung auf dem Markt und die damit verbundenen Bedürfnisse der Kunden verhalten sich dynamisch und schnell. Um dieser Schnelligkeit innerhalb des Unternehmens Schritt zu halten, benötigen Unternehmen vor allem Struktur und Leitlinien. Um Mitarbeitern Strukturen zu geben, wird die Strategie, die Vision und Mission eines Unternehmens immer bedeutender. Wie schafft man also die Synthese von Strategie, Vision und Mission. Das erfahren Sie in diesem Artikel.
Was ist das Ziel von Vision, Mission und Leitbild?
Es geht bei der Vision, Mission und Leitbild nicht um eine scharf getrennte Definition eines Zielzustands, sondern um ein von allem geteilten Gefühl, das damit zum Ausdruck gebracht wird. Dieses geteilte Gefühl stellt sich in einem gemeinsam erlebten Prozess ein. Es kann demnach nur von denen empfunden werden, die in irgendeiner Weise in den Prozess integriert werden.
Was sind die wichtigsten Fragestellungen aus der Praxis?
- Kann man auch ein Riesenschiff mit den Instrumentarien des Visionscoachings steuern?
- Können strategische Vorgaben den Prozess der Visionsentwicklung leisten?
- Wie kann ein integraler Prozess zur markt-, kunden- und werteorientierten Neuausrichtung von Unternehmen gestaltet werden?
Um Ihnen Antworten auf diese Fragen zu geben, wird im Folgenden anhand eines Beispiels aus der Medienbranche deutlich, wie eine erfolgreiche Implementierung gestaltet werden kann.
Praxisbeispiel: Gravierende Änderungen in der Medienbranche machen eine Neuausrichtung unausweichlich.
Ein Kunde von connect & develop aus der Medienbranche sucht den Weg für eine grundlegende Neuausrichtung. Das Unternehmen mit mehreren tausend Mitarbeitern wurde mit zahlreichen Herausforderungen gleichzeitig konfrontiert. Von außen verlangte der rasante Umbruch in der Medienbranche, hervorgerufen vor allem durch dramatische Veränderungen des Mediennutzungsverhaltens, nach neuen Geschäftsmodellen. Gleichzeitig erforderte die Veränderung der Organisationsstruktur durch Neubesetzung und Erweiterung der Leitungsebene, dass die Unternehmensidentität besprochen und neu ausgerichtet wurde. Der Vorstand räumte der Strategieentwicklung angesichts des hohen Veränderungsdrucks von außen Priorität ein. Geplant war eine Festlegung der strategischen Stoßrichtungen für die nächsten fünf Jahre. Um dieses Vorhaben möglichst motivierend und gemeinschaftsbildend zu gestalten, sollte die Strategieentwicklung mit einer Visions- und Missionsentwicklung verknüpft werden. Bei der Auftragsklärung wurde schnell deutlich, dass insbesondere der Kreis der Führungskräfte als Team auf die gemeinsamen Unternehmensziele einzuschwören war.
Lösung: Zusammenführung von Strategie- und Visionsentwicklung in einem iterativen Prozess
Die Lösung für diese umfassende Aufgabenstellung bestand in der Zusammenführung von Strategie- und Visionsentwicklung in einem iterativen Prozess, der zum einen eine wechselseitige Beeinflussung dieser beiden handlungsleitenden Elemente ermöglichte und zum anderen alle Mitarbeiter des Unternehmens einbezog.
Dabei wurden nicht nur methodisch, sondern auch beim Vorgehen neue Wege beschritten: Während bis dato üblicherweise die zuerst ermittelte Vision zur Herleitung strategischer Vorgehensweisen diente, galt es nun, Vision, Mission und Leitbild auf der Grundlage und in ständigem Abgleich mit den zuerst gesetzten strategischen Stoßrichtungen zu finden.
Umsetzung: Die zentrale Bedeutung eines prozessualen Vorgehens
Der ausgeprägte Prozesscharakter des gewählten Vorgehens war ausschlaggebend für die erfolgreiche Umsetzung. Er ermöglichte es, die neue Unternehmensvision für alle Mitarbeiter erlebbar zu machen. Gleichzeitig konnte durch die iterative Gestaltung des Prozessablaufs ein mehrfacher Abgleich zwischen den Strategie- und Visionselementen vorgenommen werden.
Wie gelingt es Vision, Mission und Leitbild erlebbar zu machen?
Das Medienunternehmen hatte bis dahin ein nach innen und nach außen gerichtetem Leitbild: In zehn Paragraphen wurde beschrieben, wer das Unternehmen genau ist, was es anbietet und wie es sich nach innen und nach außen hin zu seinen Stakeholdern, Nutzern, Lesern und Kunden verhält. Bei den Begriffsdefinitionen, die es nun stattdessen zu entwickeln galt, einigten sich die Führungskräfte auf Folgendes:
- Die Vision soll den Ziel-Identität-Zustand abbilden und beschreiben
- Die Mission soll ausdrücken, warum das Unternehmen so ist, wie es ist, und das tut, was es tut
- Das Leitbild leitet sich aus beidem ab und legt fest, wie sich das Unternehmen nach außen und nach innen verhält.
Während der Definitionsarbeit stellte sich heraus, dass nicht die letztlich gefundenen Formulierungen und Visualisierungen, sondern der Prozess ihrer Erarbeitung das zentrale Anliegen war. Damit jeder im Unternehmen weiß, was mit der gemeinsamen Vision, Mission und dem Leitbild gemeint ist, muss ein von allen geteiltes Wirgefühl entstehen und erlebbar gemacht werden, wofür das »Wir« als Unternehmen steht.
Wie gelingt die Einbindung aller Mitarbeiter im Top-down-Verfahren?
Angesichts der beträchtlichen Unternehmensgröße und der organisatorischen Unterteilung in verschiedene, überwiegend selbstständig arbeitende Bereiche war es erforderlich, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sukzessive in einem Top-down-Verfahren in den Prozess einzubinden.
Dieses Vorgehen ergab sich aus der Prämisse, dass die strategischen Vorüberlegungen des Vorstands die Ausgangspunkte für die spätere Visionsarbeit waren. Den Anfang machte also der Vorstand, der in einem ersten Workshop die strategischen Stoßrichtungen festlegte. Danach wurden alle Mitglieder des Leitungskreises in Einzelgesprächen sowie in zwei weiteren Workshops intensiv in die Arbeit eingebunden. Die Leitenden wiederum diskutierten und präzisierten die Ergebnisse in verschiedenen Formaten mit den Mitarbeitern ihrer jeweiligen Bereiche.
Am Ende des Prozesses stand eine schriftliche Befragung aller Mitarbeiter des Unternehmens, die ihnen ein ausführliches Feedback und Bewertungsmöglichkeiten einräumte. Das Ergebnis dieser Befragung wurde anschließend in die Beschreibung der Vision und Mission eingearbeitet. Und schließlich wurde das Endergebnis des gesamten Prozesses im Rahmen eines Großevents präsentiert.
Wie gestaltete sich der iterative Prozess?
Durch die iterative Ausgestaltung des Prozesses wurde sowohl die kontinuierliche Einbindung eines immer größeren Mitarbeiterkreises als auch die schrittweise Erarbeitung der Vision in Rückkoppelung mit den Strategien ermöglicht. So konnten sich die beiden handlungsleitenden Elemente in einem konstruktiven Wechselspiel miteinander verändern, bis sie jeweils optimal aneinander und an den Input aller Beteiligten angepasst waren.
Die Prozessinhalte: Wie genau strukturierte sich der Prozess?
Die genaue Strukturierung des Prozesses leitete sich aus den zu integrierenden inhaltlichen Elementen her: den strategischen Vorgaben und den Bestandteilen der Unternehmensvision. Die strategischen Vorgaben wurden anhand einer vom Vorstand erarbeiteten und gewichteten Themen- und Projektliste in den Prozess eingespeist. Weiteres Kernstück war die zu erarbeitende Unternehmensvision, die sich aus verschiedenen Bestandteilen und Perspektiven zusammensetzt und – stets im Abgleich mit den strategischen Vorgaben – jeweils in einem eigenen Prozessschritt herausgearbeitet wurde.
Das Fundament der Vision bilden die Werte der Unternehmensleitung und die aller Mitarbeiter. Zudem werden die in einem Bewertungsvorgang ermittelten, wichtigsten Kundennutzen integriert und so die identitätsbildenden Unternehmensmerkmale herausgearbeitet. Schließlich umfasst die Vision die unternehmenseigenen Ressourcen, Talente, Leidenschaften und ökonomischen Treiber, die das Unternehmen auch in der Zukunft erfolgreich machen. Eine Vision sollte abhängig von der Branche auf einen Zeitraum von mindestens fünf, besser zehn bis 30 Jahren hin entworfen werden. Sie ist sozusagen der Polarstern, an dem sich die Strategien ausrichten, und die Strategien sollten wiederum in Richtung Vision führen.
Die Bestandteile einer Unternehmensvision
Eine Unternehmensvision basiert auf den spezifischen Unternehmenswerten und zielt auf den Nutzen, den ein Unternehmen in seinem Umfeld stiftet. Zudem hat eine Vision weitere Bestandteile:
- Zum einen soll sie die Fähigkeiten und Talente der Mitarbeiter widerspiegeln und die Besonderheiten des Unternehmens herausstellen. Das bedeutet: Es wird all das dargestellt, was das Unternehmen besonders gut kann.
- Zum anderen soll sie die Leidenschaften benennen, also das, was das Unternehmens besonders gern macht.
- Auch die Economic Driver sollen Beachtung finden. Das sind die Produkte und Tätigkeiten, mit denen das Unternehmen besonders viel Geld verdienen kann.
- Des Weiteren werden die Ressourcen genutzt, die ein Unternehmen aus der Vergangenheit mitbringt.
- Und schließlich muss der Kundennutzen klar sein, der durch das Unternehmen besonders befriedigt wird. Mit den Aspekten des Kundennutzens sollte sich das Unternehmen so sehr identifizieren, dass sie als Kriterien für die Unternehmensidentität in die Vision einfließen.
Anhand dieser Vorgaben wurden drei inhaltliche Schwerpunkte des Prozesses identifiziert, die besonders intensiv zu bearbeiten waren:
- Der Kundennutzen sollte mit den Ressourcen des Unternehmens in Beziehung gesetzt und Teil der Unternehmensidentität werden.
- Die Werte, die Talente und die Leidenschaften der Menschen im Unternehmen sollten mit dem, was das Unternehmen im Markt erfolgreich macht, in Verbindung gebracht werden.
- Und – last, but not least – sollten die Strategien im Hinblick auf die Erfüllung der Vision einfließen.
Workshop-Format von Connect & Develop
Der Erarbeitung dieser drei Beziehungsverhältnisse haben wir je einen Workshop gewidmet, die jeweils aufeinander aufsetzten. Flankiert beziehungsweise vorbereitet wurden die Workshops in Einzelgesprächen. Die Ergebnisse der Workshops wurden durch die Teilnehmer aus dem Leitungskreis in das Unternehmen getragen und nach einer Befragung aller Mitarbeiter auch deren Bewertung in das Ergebnis integriert. Daraus ergab sich ein Prozess in zwölf Schritten, die in der folgenden Übersicht zusammengestellt sind.
Sind Sie interessiert an weiteren Inhalten?
Die 2. Auflage unseres Buches „Vision, Mission und Werte – Die Basis der Leitbild- und Strategieentwicklung“ wurde vom Beltz Verlag veröffentlicht und ist ab sofort im Handel erhältlich!
Wir freuen uns Sie persönlich kennenzulernen bei der Buchvorstellung am 12.03.2020 um 18:30 Uhr bei uns in den Räumlichkeiten der Maximilianstraße 43 in München.
Bitte schreiben Sie uns eine E-Mail an info@connect-develop.de, ob und mit wie viel Personen Sie teilnehmen möchten.
Über die Autorin Swantje Benussi:
Als Unternehmens- und Persönlichkeits- Coach liegt der Schwerpunkt meiner Arbeit auf der Entwicklung von Visionen für mittelständische und Großunternehmen sowie einzelner Unternehmensbereiche. Ich begleite Teams in Veränderungsprozessen und auch bei der Lösung dabei entstehender Konflikte. Einzelne Führungskräfte berate ich zu den Themen Führung und Persönlichkeitsentwicklung.
Die Kombination aus Betriebswirtin, Coach und Systemischer Therapeutin sowie ein Erfahrungsschatz aus mehr als zwanzig Jahren als Unternehmerin und Coach ermöglichen mir, die Menschen in ihren beruflichen und privaten Systemen gesamtheitlich zu begreifen und zu unterstützen.